Emotionale Bedürfnisse im Blick behalten
Der 15. Mai ist Internationaler Tag der Familie. „Familien und inklusive Gesellschaft“ ist das Motto, das die Vereinten Nationen für das Jahr 2018 ausgerufen haben und kaum eine Forderung ist heute dringlicher, als jene nach einer Gesellschaft, die die Lebensrealitäten nicht nur wahrnimmt, sondern sich auch nach ihnen orientiert und sie anerkennt, wie auch die vielfältigen Lebensrealitäten der Familien in Südtirol.
„Als Verband, der für alle Familien Südtirols da sein möchte, dürfen wir uns der Tatsache nicht verschließen, dass das Familienbild mit zwei gesunden Elternteilen nicht ausschließlich dem entspricht, woran sich Lobbyarbeit für Familie heute orientieren muss“, betont KFS-Präsidentin Angelika Mitterrutzner anlässlich des Internationalen Tages der Familie am 15. Mai. Es stehe außer Frage, dass Gesellschaft nur funktionieren könne, wenn es den Familien in all ihren Formen gut gehe. „Familie bedingt Gesellschaft und umgekehrt. Manchmal klingt es wie eine Floskel, etwas Selbstverständliches, doch wenn wir uns die Schwierigkeiten vor Augen führen, mit denen Familien auch in Südtirols Gesellschaft zu kämpfen haben, dann kann man diese Tatsache nicht oft genug betonen. Unsere familiären Beziehungen und unsere Erziehung machen uns aus und formen unser Wesen. Im Positiven, wie im Negativen.“ Daher sei Familie kein seichtes Thema am Rande sondern zentraler Schlüssel für die Lösung vieler gesellschaftlicher Probleme.
„Es mag stimmen, dass Familien zu allen Zeiten mit schwierigen Verhältnissen zu kämpfen hatten und unter Druck standen. Heute aber sollte unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft und Politik soweit sein, diesen Druck zu minimieren. Den Diskurs gibt es, die Lösungen jedoch nicht“, bedauert Mitterrutzner. Vor allem der Zeitmangel sei langfristig schädlich für alle von uns, aber vor allem für die Familien. Leider sei es eher gewollt, dass möglichst viele in Vollzeit beschäftigt sind, anstatt anzuerkennen, dass es neben dem Beruf auch andere sinnvolle und angenehme Beschäftigungen gibt. Partnerschaften und Eltern-Kind-Beziehungen und auch das Ehrenamt leiden darunter. Nicht zuletzt gehe es auch um die Vorbildfunktion und das soziale Engagement von Familien, ohne das vieles auf der Strecke bleiben würde. „Soziale Inklusion, etwa auch die Integration von Flüchtlingen ist nicht Aufgabe von Institutionen allein, sondern vielmehr von uns allen“, sagt die KFS-Präsidentin. Es gehe um eine wohlwollende Begegnung und darum, ein Gefühl von Heimat und Zugehörigkeit zu vermitteln und zwar nicht nur den Menschen, die zu uns kommen, sondern auch unseren eigenen Kindern.
Der Familienverband fordert dazu auf, die emotionalen Bedürfnisse der Menschen und nicht ihre Produktionskraft im Blick zu behalten und sich neben flexiblen Arbeitszeitmodellen für Mütter und Väter auch Gedanken darüber zu machen, die wöchentliche Arbeitszeit von 40 oder 38 Stunden zu reduzieren. Kindererziehung und Paarbeziehung brauchen Zeit. Es reiche nicht aus, zu betonen, wie gut Südtirol wirtschaftlich dastehe, wenn sich das auf den Lohnstreifen nicht bemerkbar mache. Die Löhne müssen angepasst werden, damit arbeitende Eltern sich nicht am Rande der Erschöpfung bewegen müssten, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder zu verdienen.
Den Eltern wünscht der Verband Souveränität und Gelassenheit. Nämlich die Souveränität, eigene Wege zu entdecken und diese auch zu gehen. Sich nicht von unzähligen Ratgebern aus der Bahn werfen zu lassen und auf ihr Bauchgefühl zu vertrauen. Nicht jedem Trend und jedem Druck nachzugeben und hohen Lebensstandard nicht in materiellen Dingen zu suchen, sondern sich bewusst zu sein, dass Zeit, Aufmerksamkeit, Menschlichkeit, konsequente Grenzen und Liebe jene Dinge sind, die Kinder zu Persönlichkeiten wachsen lassen, um später auch eine gute Gesellschaft gestalten können.